Steigende Zinsen, Inflation: Was bedeutet das für Wohneigentum?
Hardy Fuß ist Frechener Immobilienmakler und Projektentwickler und seit 25 Jahren als Immobilienberater tätig. Sein Maklerbüro sei die Krönung seines Berufslebens, sagt er: unabhängig, inhabergeführt, bankenfrei, franchisefrei. Fuß ist auch DEKRA Sachverständiger für Immobilienbewertung.
Herr Fuß, Hypothekenzinsen steigen seit Dezember stetig an, haben sich seitdem verdoppelt. Konditionen verändern sich derzeit wöchentlich. Was kommt auf die Menschen zu, die sich Wohneigentum kaufen wollen?
Keiner sollte Angst haben. Angst ist ein schlechter Ratgeber. Aus Sicht der letzten 10 Jahre sind Zinsen ja immer noch „nur“ ein Drittel so hoch. Als ich mein erstes eigenes Haus kaufte, habe ich 8% Hypozinsen gezahlt. Und trotzdem noch ein Bier getrunken.
Also alles in Butter?
Keinesfalls. Es gibt stark veränderte Rahmenbedingungen, übrigens nicht nur durch den Krieg, die berücksichtigt werden wollen. Deutsche Kreditgeber verlangen mehr Eigenkapitaleinsatz vom Anleger. Sie wurden von der deutschen Finanzmarktaufsicht dazu angewiesen.
Die Zinsveränderungen sind noch nicht bei allen Nachfragern angekommen. Steigende Lebenshaltungskosten müssen in die Leistungsfähigkeit eingerechnet werden. Manche können sich mit demselben Einkommen nun weniger Haus leisten. Oder dasselbe Haus, nur weiter weg vom Dom. So etwas will natürlich bei den Kaufinteressenten verarbeitet werden und das geht nicht über Nacht.
Und Banken brauchen oft länger Zeit, um Finanzierungen auf die Beine zu stellen, Corona und mehr Vorsicht sind zwei Gründe.
Gibt es weniger Hausverkäufer wegen der neuen Lage?
Die, die verkaufen müssen, bleiben am Markt, z. B. Erben, Scheidungspaare etc… Die anderen könnten zum Halten neigen, weil ihnen Realwerte jetzt in Krisenzeiten noch mehr Sicherheit vermitteln. Die meisten Privatverkäufer haben ihre Lebensplanung mit der Verkaufsabsicht abgeschlossen und ziehen das jetzt auch durch.
Was sollte man jetzt tun?
Jetzt ist die Zeit für gute Berater, sowohl von der Maklerseite als auch von der Finanziererseite her. Zum Beispiel zur Frage, ob die laufende Baufinanzierung jetzt schon verlängert werden soll und nicht erst in zwei Jahren. Oder: Bevor Änderungen in Kraft treten, möglichst für geplante Sanierungen einen Fixzinskredit vereinbaren. Denn wenn die Inflation weiter steigt und die Zinsen fixiert sind, steht das geborgte Geld viel billiger da.
Welche Veränderungen könnten auf uns zukommen?
Wir können nicht in die Glaskugel schauen. Vielleicht mal sehen, was man im benachbarten Ausland plant.
Dort sollen noch dieses Jahr verbindliche Mindeststandards für die Kreditvergabe erlassen werden. Ein Eigenmittelanteil von mindestens 20 Prozent, ein Schuldendienst von maximal 30 bis 40 Prozent des monatlich verfügbaren Nettoeinkommens sowie eine maximale Kreditlaufzeit von 35 Jahren. Etwas Vergleichbares kann ich mir auch für Deutschland vorstellen.
Ihr Fazit?
Ruhe bewahren. Und immer in die Gesamtbetrachtung einbeziehen:
Die Wertsteigerungsraten der Immobilie selbst, die sich an den steigenden Neubaupreisen und der Gesamtinflationsrate orientieren. Die Immobilienpreise werden parallel zur Inflation verlaufen. Das Angebot an Wohnimmobilien wird sich verknappen, weil die Rohstoffknappheit im Baubereich uns noch länger begleiten wird als uns lieb ist. Und weil der Krieg uns Wohnraum für Flüchtende abverlangt.
Das verbessert natürlich den Wert des Immobilienbestandes. Und trotzdem werden Bau-Investoren weiter auf den Markt drängen, um ihr Kapital zu sichern. Es geht immer weiter: Durchatmen und Mensch bleiben!